Kapitel 17
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Leben
"USIS OFFIZIER GIBT AN, DASS HUBBARD SCHWIMMENDE
UNIVERSITÄTEN VON ZWEIFELHAFTEM MORALISCHEN CHARAKTER BETREIBT,
NICHT AKKREDITIERT VON US-UNIVERSITÄTEN UND SCHLECHTE
REPRÄSENTANZ FÜR DIE USA IM AUSLAND ... SCHWIMMENDES COLLEGE
WAHRSCHEINLICH TEIL DES SCHARLATAN-KULTES"
(CIA Telegraphen-Verkehr, Juni/Juli 1968)
* *
* * *
Bald nachdem die Royal
Scotsman
in Valencia angelegt
hatte, flog eine Gruppe von Studenten von Saint Hill ein, um einen
"Clearing Kurs" an Bord des Schiffes zu machen. Eine von ihnen war eine
hübsche, dunkeläugige New Yorkerin namens Mary Maren:
"Ich hatte einen Freund in einem
Tanzkurs in New York, der
bei Scientology war und mir davon erzählt hatte. Das klang alles
sehr interessant, und ich dachte es würde mir nützen, wenn
ich diese exakte wissenschaftliche Technologie zur Verfügung
hätte. Ich las Dianetik und es schien mir alles sinnvoll
und logisch.
1967 machte ich den "Briefing
Kurs" in Saint Hill und dort
sah ich einige Leute von dem geheimnisvollen See-Projekt
zurückkehren. Einer der Burschen war ganz verängstigt,
richtig entsetzt; ich hatte keine Ahnung warum er in solch einem
Zustand war. Zwei Wochen später kamen weitere Leute zurück.
Sie hatten stark abgenommen und schauten aus, als ob sie irgendein
Monster auf See gesehen hätten. Später fand ich heraus, dass
sie zwei Wochen lang den Laderaum des Schiffs von Kuhmist gereinigt
hatten, doch damals wusste ich das noch nicht. Ich sagte zu meinem Mann
Arnie, dass ich niemals in die Sea Org gehen würde."
"Ich vergass all das, als wir ins
Flugzeug einstiegen,
um den Clearing Kurs zu machen. Sie nannten es den
Neujahrs-Freiheitsflug. Ich war noch nie in Spanien und das war
natürlich alles sehr aufregend. Zu der Zeit schaute das Schiff
sauber aus, irgendwie nett. Ich bekam eine sehr kleine, schmale Kabine,
doch es machte alles einen schicken Eindruck. Die Atmosphäre war
sehr ansprechend.
LRH war auf dem Schiff und
wirklich vergnügter
Stimmung. Er blieb bis spät in die Nacht hinein wach, war dann auf
Deck und sprach in diesen Stunden über seine Abenteuer auf der
Zeitspur (seinen früheren Leben), als er Rennfahrer in der
Marcabianischen Zivilisation war. Die Marcabianische Zivilisation
existierte vor Millionen von Jahren auf einem anderen Planeten; sie war
der Zivilisation hier auf der Erde in den 50ern des 20. Jahrhunderts
ähnlich, nur dass sie Reisen in den Raum unternehmen konnten. Die
Marcabianer stellten sich später als schlechte Typen heraus, also
war es kein Kompliment, dass ihre Zivilisation unserer so ähnlich
war. LRH sagte, er war ein Rennfahrer namens Grüner Drache, der
einen Geschwindigkeitsrekord aufstellte, bevor er in einem Unfall
getötet wurde. Er kam in einem anderen Leben zurück als der
Rote Teufel und brach seinen eigenen Rekord, kam dann nochmal als der
Blaue Streifen und brach ihn abermals. Schliesslich realisierte
er, dass er nur immer wieder seine eigenen Rekorde brach; damit war es
kein Spiel mehr, das ihn interessierte."
"Die Leute standen herum und
hörten voller Ehrfurcht
stundenlang diesen Geschichten zu. Zu der Zeit schien es uns ein
Privileg und eine Ehre zu sein, diese Dinge mitgeteilt zu bekommen, ihn
über Dinge, die vor Millionen von Jahren passiert waren, so reden
zu hören als ob es gestern war. Für gewöhnlich war es
unterhaltsam, doch manchmal war es mir einfach auch zuviel, das alles
aufzunehmen, diesen kraftvollen, brausenden Redeschwall; es war dann
auch schwer wegzukommen. Eines Abends wurde mir schwindlig und ich
wagte es zu fragen, ob ich früher gehen konnte. Ich konnte den
Widerhall meiner Stimme im Kosmos hören als ich sagte: "Wenn sie
mich bitte entschuldigen wollen, Sir. Ich muss mich ins Bett legen." Er
sagte: "Ja, natürlich." [1]
Über seine vergangenen Leben
vor einem ihn bewundernden
und faszinierten Publikum zu sprechen war eine von Hubbards bevorzugten
Freizeitbeschäftigungen. Seine Geschichten, egal wie unglaublich
sie waren, wurden immer ernst genommen, denn alle an Bord waren
überzeugte Scientologen, die sich zum Konzept vergangener Leben
und zur Unsterblichkeit bekannten. Es kam Mary Maren und den anderen
Zuhörern in diesen lauen spanischen Nächten an Deck der Royal
Scotman daher nicht im mindesten unwahrscheinlich vor, dass Hubbard
ein marcabianischer Rennfahrer gewesen sein sollte.
Eines der wiederkehrenden Muster
von Hubbards vergangenen
Leben war seine Neigung, seine weltlichen Güter im Untergrund bzw.
unter Wasser zu verbergen – und eine seiner grossen Frustrationen
dieses Lebens war es, sie nicht mehr finden zu können. Er war
schwer enttäuscht, dass seine Kreuzfahrten um die Kanarischen
Inseln auf der Enchanter nicht darin resultiert hatten, den
Ballast des Schoners mit Goldbarren zu ersetzen, doch jetzt hatte er
mehr Zeit, mehr Schiffe und mehr Personal zu seiner Verfügung. Im
Februar 1968 bat er Freiwillige, ihn auf einer speziellen Mission auf
der Avon River zu begleiten.
Amos Jessup war unter den ersten,
die sich meldeten. "Er
sagte uns im voraus nicht, worum es ging, doch das war mir
gleichgültig. Ich wäre ihm durch die Tore der Hölle
gefolgt, wenn es notwendig gewesen wäre. Ich war froh, etwas
für ihn tun zu können, denn meinem Gefühl nach hatte er
soviel für andere getan. Für diese Leistung verdiente er
jegliche Unterstützung, die ich ihm geben konnte. Die Leute hatten
das Gefühl, dass er ein Mensch war, der Wunder vollbringen konnte
– jemand, der ein viel höheres Mass an Kompetenz zur Schau
trug als das, was wir jemals würden erreichen können. Es war
verdammt aufregend und stimulierend. Man musste sich gehörig
anstrengen und sein Bestes geben, doch es war immer sehr erfrischend
und therapeutisch." [2]
Hubbard nahm 35 Freiwillige
für diese Mission und
trainierte sie täglich an Bord der Avon River; oft sah man
andere neiderfüllte Studenten, die an der Reeling der Royal
Scotman hingen, welche im Hafen von Valencia daneben angedockt war,
und die das Training beobachteten. Mit einer Stoppuhr in der Hand lies
der Kommodore die Crew unzählige Drills durchlaufen, um
Männer über Bord zu retten, um Feuer bekämpfen zu
können, sich in Reihen aufstellen zu können, Übungen zum
Aussetzen und Bergen kleiner Boote und zur Abwehr von Angreifern – er
gab an, dass er wegen Piraterie im Mittelmeer besorgt war und wollte
sichergehen, dass die Crew nicht in Panik geriet, falls etwas
derartiges eintreffen sollte.
Anfang März lief die Avon
River aus und lies
die Royal
Scotsman hinter sich, auf der es vor Spekulationen
über die Natur dieser Mission brodelte. Man wandte sich nach
Osten, wieder zurück über das Mittelmeer, und ankerte in
einer geschützten Bucht vor Cap Carbonara an der
Südostküste Sardiniens, wo Hubbard die Crew für ein
Briefing zusammenrief. Er stand auf der Entladeklappe, sodass man ihn
auch sehen konnte, und eröffnete ihnen, dass er dabei war, sich
einen Wunsch zu erfüllen, den er in früheren Leben schon seit
Jahrhunderten gehegt hatte. In diesem Leben war es das erste Mal, dass
er eine Organisation mit genügend Ressourcen, Geld und
Arbeitskräften hatte aufbauen können, um das Projekt
anzugehen, das sie jetzt in Angriff nehmen würden. Er hatte in
früheren Leben grosse Reichtümer angehäuft, so
erklärte er, und diesen Schatz dann an strategischen Plätzen
vergraben. Die Absicht ihrer jetzigen Mission war, diesen vergrabenen
Schatz zu finden und ihn zu heben, sei es mit oder ohne Kooperation der
Behörden.
Verschiedene Mitglieder der
Mannschaft konnten bei diesen
Aussichten Ausrufe des Entzückens nicht unterdrücken, und
Hubbard grinste breit, bevor er weiterredete. So weit er sich
erinnerte, war er vor 2000 Jahren der Kommandant einer Flotte von
Kriegsgaleeren; es gab seiner Meinung nach einen Tempel hier irgendwo
an der Küste in der Nähe ihrer Ankerstelle. Das war der
Tempel von Tenet und die Hohepriesterin war eine bezaubernde Lady, die,
wie er mit einem Zwinkern bemerkte, "die Herzen der Seemänner
erwärmt hatte". Seine Absicht war nun, am nächsten Morgen
mehrere Gruppen an Land zu setzen, die die Ruinen des Tempels und
dessen geheimen Eingang suchen sollten, wo er eine Sammlung von
goldenen Tellern und Bechern vergraben hatte.
"Das war eine elektrifizierende
Idee", sagte Jessup. "Wir
alle dachten, dass das ein grosses Abenteuer war. Da gab es diesen
Menschen, der das äonenalte Mysterium des menschlichen Geistes
geknackt und jeden Aspekt menschlicher Mängel offen gelegt hatte,
der jetzt in eine neue Ära aufbrach, sich mit einer Gruppe von
Leuten ins Mittelmeer aufmachte, um einen vergrabenen Schatz zu heben.
Es war mir egal, ob das wahr war oder nicht, der entscheidende Punkt
war, ein Spiel mitzuspielen, das LRH entworfen hatte. Wenn es für
ihn wichtig war, würde ich dafür mein Bestes geben."
Zuerst war es schwierig, die
Ruinen des Tempels von Tenet zu
lokalisieren, bis Hubbard realisierte, dass seine Erinnerung sich auf
antike Segelinstruktionen bezog, während er die entsprechende
Gegend mittels einer modernen Karte ausgewählt hatte. Sobald
dieses Hindernis überwunden war, wurden die Ruinen bald gefunden,
ein Ereignis, das vorhersehbare Aufregung an Bord der Avon River
verursachte, die nur marginal von der Entdeckung beeinträchtigt
wurde, dass der Platz bereits eindeutig als antikes Monument markiert
worden war – es wäre vermutlich vernünftiger gewesen, den
Tempel mittels eines Reiseführers zu finden.
Aufgrund der Tatsache, dass der
Tempel eine bekannte Ruine
war, war es für die Scientologen ziemlich schwierig, die Gegend
mit ihren Metalldetektoren zu untersuchen, ganz abgesehen vom Graben,
ohne den Verdacht der Einheimischen auf sich zu lenken. Obwohl eine
Gruppe berichtete, dass sie etwas gefunden hätte, was der
versteckte Eingang sein konnte, und obwohl eine nachfolgende
Untersuchung mit dem Metalldetektor positiv war, entschied sich
Hubbard, den Fund lediglich zu notieren und weiterzumachen.
Während die Suchgruppen
detaillierte Berichte über
alle ihre Funde schrieben, brach die Avon River nach Süden
auf, in Richtung der Küste Nordafrikas – nach Tunis, wo die antike
Zivilisation der Karthager vor Christi Geburt erblüht war. Hubbard
sagte, er hatte einen karthagischen Priester gekannt, der einen Schatz
von Juwelen und Gold in einem Tempel versteckt hatte und den er nun
glaubte finden zu können. Nachdem sie im tunesischen Hafen Bizerte
angelegt hatten, instruierte der Kommodore seine eifrigen Suchtruppen,
indem er aus dem Gedächtnis ein Tonmodell der Topographie der
Tempelumgebung herstellte; sie wurden beauftragt, die Küstenlinie
nach einer "passenden" Landschaft zu durchkämmen. Er wartete fast
immer ungeduldig an Deck, wenn die Suchtrupps zurückkehrten,
wissbegierig darauf, was die Gruppen entdeckt hatten. Natürlich
fanden sie die Stelle, genau wie er sie beschrieben hatte, doch hatte
die Erosion den geheimen Tunnel zerstört, der zum versteckten
Schatz führte. Hubbard inspizierte den Platz, bestätigte
ihnen, dass sie den richtigen Platz gefunden hatten und zeigte auf, wo
die Erosion ihren Teil erledigt hatte.
Obwohl sie noch keinen Schatz
gehoben hatten, gab es doch
niemand auf dieser Mission, der nicht bestärkt war durch das, was
sie bisher gefunden hatten. Von Bizerte nahm die Avon River
entlang der Küste Kurs auf La Goulette, den äusseren Hafen
von Tunis; dort versuchte man, die Ruinen einer untergegangenen Stadt
zu erforschen. Ihr Tauchgerät erwies sich jedoch als ungeeignet
für diese Aufgabe, und Hubbard stellte daraufhin ein weiteres
Tonmodell einer anderen Tempelumgebung her; doch dort stand dieses Mal
inzwischen ein Bürogebäude der Regierung.
Während des Aufenthaltes in
La Goulette beleidigte Joe
van Staden, der Kapitän der Avon River, auf irgendeine Art
und Weise den Kommodore, wurde daraufhin prompt entlassen und durch
Hana Eltringham ersetzt. "Ich arbeitete gerade in dem Bereich zwischen
den Decks, als LRH mich zu sich rief und sagte: "Du bist jetzt der neue
Kapitän". Ich war völlig benommen von dieser Eröffnung;
ich hatte Angst. Ich erinnere mich, wie ich an meinem Schreibtisch
sass, den Kopf zwischen den Händen hielt und murmelte: "Oh,
mein Gott – oh, mein Gott". Wie ich so dort sass, bemerkte ich
plötzlich, wie er in der Türöffnung seiner Kabine stand
und mich zu sich herwinkte. Ich stand auf und ging zu ihm rüber.
Er hatte ein E-Meter in der einen Hand, streckte mir die Dosen entgegen
und sagte: "Halt sie". Ich stand da in der Türöffnung,
während er mit dem E-Meter rummachte. Dann sagte er: "Ich
möchte, dass du dich daran erinnerst, als du das letzte Mal
Kapitän warst"."
"Inmitten meiner Konfusion und
Angst, die ich gerade
durchmachte, war mein erster Gedanke, dass das einfach lächerlich
war. Dann fing ich an, vage Eindrücke von einer Zeit in der
Vergangenheit zu bekommen, als ich Schiffskapitän war und in einem
Sturm auf See war. Er sagte: "Sehr gut, sehr gut" – und bat mich, noch
weiter zurückzugehen; daraufhin hatte ich einen sehr lebhaften
Geistesblitz eines Raumschiffs und einer Reise im All. Es war sehr
real, spürte sich überhaupt nicht nach Imagination an. Ich
schilderte ihm, was ich gesehen hatte, und dass ich auf irgendeinem
Raumschiff zu meiner Basis zurückgerufen worden war. Wir flogen
mit höchster Geschwindigkeit zurück, als wir im All von
Feinden in die Luft gejagt wurden. Darauf folgten Gefühle der
Verwirrung und des Trudelns, als ob das Raumschiff sich auflöste.
Er lies mich das Ganze nochmal durchgehen und die Effekte dieser
Erfahrung liessen stark nach. "Gut", sagte er schliesslich, "sehr gut".
Das war alles."
"Ich ging dann an Deck und
spürte, wie die Angst und
der Schrecken in meinen Gliedern einfach verschwanden. Plötzlich
fühlte ich mich sehr fähig, sehr kompetent mit allem fertig
zu werden, was sich mir in den Weg stellte. Am nächsten Morgen
musste ich das Schiff von der einen Seite des Hafens zum Auftanken zur
anderen Seite manövrieren und dann einen Lotsen holen, der uns
nach draussen bringen würde. Ich dachte, er würde rauskommen
um mir zu helfen. Fehlanzeige. Ich sah, wie er die Vorhänge einen
Moment lang beiseite zog, ein wenig in sich hineingrinste, und sie dann
wieder schloss. Ich dachte mir "Der alte Knabe hilft mir ja nicht
mal"." [3]
Ein paar Stunde, nachdem sie La
Goulotte mit östlichem
Kurs Richtung Sizilien verlassen hatten, begann Dampf aus den Luken des
Maschinenraums auszutreten. Cabbie Runcie, der Maschinist des Schiffs
und gleichzeitig einziger "Wog" (der scientologische Name für
Nicht-Scientologen) an Bord, erschien auf der Brücke, rieb sich
die Hände mit einem öligen Fetzen ab und verkündete,
dass ein Kolbenring im Hochdruckzylinder gebrochen war und dass sie zur
Reparatur anhalten müssten. Runcie war fast 70 Jahre alt, ein
kahlköpfiger, zahnloser, schweigsamer, pfeiferauchender Schotte,
der es vorzog, seine Ratschläge für sich zu behalten; Hubbard
war sowohl überrascht als auch irritiert durch dessen
Kühnheit, noch dazu, wo er doch ein "Wog" war. Der Kommodore
befahl Hana mit der gleichen Geschwindigkeit auf Kurs zu bleiben,
während Runcie wieder die Stufen zum Maschinenraum hinunterstieg
und dabei murmelte, "Das ist Wahnsinn, das ist Dummheit". Das war sein
einziger überlieferter Kommentar auf der ganzen Reise.
Immer noch drang Dampf aus den
Luken des Maschinenraums, als
die Avon River vor dem kleinen Fischerhafen von Castellammare
an der Nordküste Siziliens vor Anker ging. Völlig
unbeeindruckt vom Fluchen und Hämmern aus dem Maschinenraum
versammelte Hubbard eine kleine Gruppe um sich an Deck und zeigte auf
ihr nächstes Ziel – ein alter Wachturm, gerade noch sichtbar auf
einem hohen Kap, das den Hafen überblickte. Er ordnete an, dass
die Suche im Schutz der Dunkelheit stattfinden sollte, und zu
Sonnenuntergang machte sich die Suchgruppe mit einem Schlauchboot auf
den Weg, um den Wachturm zu erkunden.
Die Gruppe kehrte einige Stunden
später ganz aufgeregt
zurück: Sie hatten mit dem Metalldetektor in einer Ecke des Turmes
hohe Messwerte festgestellt. In der folgenden Nacht wurde eine weitere
Expedition ausgeschickt, diesmal mit Schaufeln ausgestattet. Die Crew
der Avon River wartete mit Hochspannung, doch als das
Schlauchboot wieder am Schiff anlegte, befand sich darin keine
messingbeschlagene Kiste – der felsige Grund des Wachturms hatte sich
für die Schaufeln als undurchdringlich erwiesen. Hubbard, der
genauso enttäuscht schien wie alle anderen, sagte, dass man
für diesen Platz am besten nicht mehr Zeit verschwenden sollte. Er
versprach, die Enchanter zu einem späteren Zeitpunkt
zurückzuschicken, um den Grundbesitzer zu finden und mit ihm
über einen Kauf zu verhandeln, um dann eine gründliche
Ausgrabung vornehmen zu können.
Von Sizilien nahm die Avon
River durch die Strasse
von Messina dann Kurs auf die "Zehe" Italiens und ankerte vor der
unwirtlichen felsigen Küste Kalabriens – in dieser Region war
Hubbard seinen Erinnerungen zufolge Steuereintreiber im römischen
Reich gewesen. Jedoch kein ganz ehrenhafter Steuereintreiber, denn er
hatte angeblich Gold in heiligen Gräbern aus Stein entlang der
Küste versteckt, da er dachte, dass es dort vor Vandalismus eher
geschützt wäre.
Zwei kleine Boote mit Suchgruppen
wurden ausgesetzt, doch
konnte keine von ihnen die Schreine finden. Die Avon River fuhr
die Küste auf und ab, während Späher die
Küstenlinie mit Ferngläsern absuchten, doch noch immer fand
man nichts. Hubbard schloss schliesslich, dass die Küste
unter der Erosion gelitten hatte und die Schreine in die See
gespült worden waren, zusammen mit all seinem versteckten Gold.
Und doch gab es eine fast
greifbare Aura der Erwartung an
Bord des Schiffs, denn jedermann wusste, dass der Höhepunkt der
Reise erst noch kommen sollte – ein Besuch auf einer geheimen
Raumstation auf der Insel Korsika. Hubbard hatte einigen
ausgewählten Crew-Mitgliedern, unter ihnen auch Hana Eltringham,
einige Seiten von hand- und schreibmaschinengeschriebenen Notizen
gezeigt, die die Existenz und den Standort der Station im gebirgigen
Terrain im Norden der Insel beschrieben. Diese Raumstation befand sich
in einer riesigen Höhle, die sich nur mittels Anpressen einer
bestimmten Handfläche (die Crew ging selbstverständlich von
Hubbards Hand aus) auf einen bestimmten Felsen öffnen liess – eine
Felsplatte, die den Eingang blockierte, würde sich dann auf die
Seite drehen und gleichzeitig die Raumstation aktivieren. Drinnen
befand sich ein riesiges Flaggschiff zusammen mit weiteren kleinen
Raumschiffen, gebaut aus nicht korridierenden Legierungen, die den
Erdlingen noch unbekannt waren, sowie allem, was sie für ihre
Operation brauchten inklusive Treibstoff und weiteren Vorräten.
Unglücklicherweise blieb die
korsische Raumstation
einstweilen nichts weiter als das Subjekt aufregender Gerüchte,
denn gegen Ende April traf eine dringende Nachricht von Mary Sue ein,
die den Kommodore bat, unverzüglich nach Valencia
zurückzukehren, wo es einen "Flap" (eine "Aufregung") gegeben
hatte (dieser Euphemismus beschrieb für gewöhnlich einen
Zusammenstoss zwischen Scientologen und "Wogs"). Hubbard willigte
ein – und lies die Crew wild spekulierend über die möglichen
Ereignisse in der Raumstation zurück. Es gab die entschiedene
Meinung, dass Ron beabsichtigte, das "Flaggschiff" zu benutzen, um von
der Erde zu fliehen und seine Arbeit anderswo fortzusetzen – dort wo
man ihn mehr würdigte. Die Sea Org, so wagte man zu hoffen, war
insofern vielleicht nur ein Zwischenschritt zur "Space" Org.
Diese Überlegungen mussten
einstweilen beiseite
gestellt werden, denn die Avon River traf auf eine Reihe von
Stürmen, als sie das Mittelmeer Richtung spanische Küste
durchpflügte. Hubbards Stimmung verdüsterte sich mit dem
Wetter. Eines Nachts, bei Windböen in Sturmstärke, bekam Hana
Sorge, dass das Schiff zu nahe an die Küste gedrückt werden
könnte und wagte es, den Kurs zu ändern, ohne um die
Erlaubnis des Kommodore zu fragen. Als sich der alte Trawler drehte,
begann er zu bocken und sich zu wälzen. "Es ging gerade so
halbwegs gut", erinnerte sich Hana, "als dieses Gebrüll aus LRH"s
Kabine zu hören war, die sich unter der Brücke befand. Ich
hörte seine Füsse den Niedergang heraufstampfen, dann
flog die Tür zur Brücke auf. Er stand da wie ein
Verrückter, die Haare wirr um den Kopf, stierte herum und schrie:
"Was geht hier vor?" Ich sprang ihn beinahe an, packte ihn an den
Schultern und erklärte ihm so klar es möglich war, was ich
getan hatte; daraufhin begann er sich zu beruhigen und hörte auf,
alle anzustieren wie ein wildes Biest. Es kam mir immer seltsam vor,
dass ein Mensch seines Kalibers sich so verhielt; ich erwartete von
ihm, dass er sich eher Gott-ähnlicher verhielt."
Hubbard war noch mehr
erzürnt, als er bei seiner
Ankunft in Valencia hörte, dass die "Aufregung" durch den
Kapitän der Royal Scotman verursacht worden war, der sich
beständig geweigert hatte, den Aufforderungen der spanischen
Hafenbehörde Folge zu leisten, das Schiff vom Dock zur Mole zu
bringen. Die Situation hatte sich derart verschlechtert, dass die
Spanier damit gedroht hatten, das Schiff auf das offene Meer
hinauszuschleppen und ihm die Wiedereinfahrt in den Hafen zu
verweigern. Hubbard sandte eine Mission an Land um die Wogen zu
glätten und kommandierte sechs Offiziere von der Avon River
zur Royal Scotman ab, die darüber berichten sollten, wie
das Schiff geführt wurde.
Einige Tage später lichtete
die Royal Scotman
ihre Anker im äusseren Hafen, als sich ein Sturm erhob. Hubbard
hörte auf der Avon River über Funk, was geschah. Er
schnappte sich ein paar Offiziere in seiner Nähe, sprang in ein
Boot und beeilte sich, zur Royal Scotman hinüberzukommen.
Dort rannte er auf die Brücke um das Kommando zu übernehmen.
Das Schiff war immer noch durch Taue an der Hafenwand gesichert, die
jedoch zum Zerreissen gespannt waren. Falls sie rissen, würde das
Schiff unweigerlich an die Felsen gedrückt werden. Es gelang
Hubbard das Schiff wieder zu verankern und die Taue zu lösen, doch
inzwischen war das Ruder durch einen Schlag gegen die Mole
beschädigt worden.
Als die unmittelbare Gefahr
vorüber war, berief der
tobende Kommodore eine "Ethik Untersuchung" ein, die klären
sollte, wer da gepfuscht hatte; zudem wies er dem gesamten Schiff den
Ethikzustand "liability" (Belastung) zu. Da es so wenige Leute gab,
denen er trauen konnte, ernannte er Mary Sue zum neuen Kapitän der
Royal Scotman. Sie wurde beauftragt, das Schiff zur Reparatur nach
Burriana nördlich von Valencia zu bringen und dann vor der
spanischen Küste auf und ab zu kreuzen um die Crew zu trainieren.
Sie sollten so lange auf See bleiben, bis die Crew ausreichend
ausgebildet und das Schiff entsprechend in Form war, um sich für
eine Beförderung zu qualifizieren; bis dahin sollte die Royal
Scotman im Zustand "liability" bleiben.
So kam es, dass die spanischen
Fischer, die vor der
Küste Valencias ihre Netze ausgewarfen, die nächsten Wochen
ein unvergessliches Schauspiel zu sehen bekamen – ein grosses
Passagierschiff, das vor der Küste auf und ab kreuzte und eine
Reihe von grauen, dreckigen Planen um den Schornstein geknotet hatte.
Wäre es den Fischern erlaubt gewesen, an Bord zu gehen,
hätten sie zu ihrer grossen Überraschung gesehen, dass alle
Crewmitglieder inklusive der kleinen Lady, die als Kapitän
fungierte, graue Lappen um ihre linken Arme gebunden hatten. Man sagte
sogar, aber das vielleicht nur im Scherz, dass sogar Mary Sues kleiner
Hund Vixie ein graues Band tragen musste, das um sein Halsband gebunden
war.
Hubbard blieb auf der Avon
River und fuhr nach
Süden Richtung Alicante, wo die Studenten der Royal Scotman
jetzt in einer "Landbasis" – einem Hotel – untergebracht waren. Sein
Plan, ihnen einen Besuch abzustatten, wurde durch die Entdeckung
durchkreuzt, dass die Avon River zu gross war um in den Hafen
einzulaufen. Für eine Weile schien er orientierungslos zu sein,
was weiter zu tun war, doch nach dem Studium von Seekarten entschied
er, dass sie nach Marseille fahren sollten, der zweitgrössten
Stadt Frankreichs und ihr grösster Mittelmeerhafen. Wie immer
wagte niemand zu fragen warum.
Auf dem Weg nach Norden traf die Avon
River auf die
unglückselige Royal Scotman, die für die Nacht vor
Anker lag und immer noch die grauen Planen um den Schornstein gebunden
hatte. Hubbard ordnete an, bis auf Rufweite an das andere Schiff
heranzufahren und brüllte in ein Megaphon: "Also, da gibt es doch
tatsächlich ein Schiff in "liability", das für die Nacht vor
Anker liegt und glaubt, man kann die Dinge so locker nehmen". Mary Sues
Stimme wehte antwortend über das Wasser zurück, doch konnte
die Besatzung des Trawlers nicht verstehen, was sie gesagt hatte. "Es
wäre wohl besser zu trainieren, wie man das Schiff bei Nacht
manövriert", dröhnte Hubbard zurück, "oder hast du
Angst, in der Nacht unterwegs zu sein?" Mary Sues Antwort blieb
unverständlich, doch schien sie für Hana Eltringham, die mit
Hubbard auf der Brücke war, gereizt zu klingen.
Freunde, die auf dieser
"liability cruise" mit dabei waren,
erzählten Hana später, dass die Bedingungen an Bord einfach
schrecklich waren. Die Besatzung arbeitete bis zum Umfallen, das Essen
war dürftig und niemand durfte sich waschen oder die Kleidung
wechseln. Mary Sue achtete streng auf diese Regeln, teilte jedoch die
Entbehrungen und war alles in allem fair und beliebt.
In Marseille zog Hubbard in eine
gemietete Villa am Strand
während der Motor der Avon River überholt wurde. In
der Villa wurde ein Telex installiert sodass er mit Saint Hill in
Kontakt bleiben konnte, von wo Nachrichten über immer lauteren
Widerstand gegen Scientology sowohl von der Presse als auch der
Öffentlichkeit eintrafen. Hubbard wurde davor gewarnt, dass
weitere Fragen über ihre Aktivitäten im Parlament zu erwarten
seien.
Anfang Juni traf ein Funkspruch
von Mary Sue ein, der
besagte, dass sie bereit für die Überprüfung ihres
Zustandes wären. Ihr Ehemann stimmte gnädig zu, dem Schiff
den nächsthöheren Zustand zuzuweisen – "non-existence"
(Nicht-Existenz) – und erlaubte ihr zur persönlichen Inspektion
nach Marseille zu kommen; danach würde er entscheiden, ob sie ihre
Operationen ungehindert vom Stigma der niederen Zustände
wiederaufnehmen konnte. Die Royal Scotman traf im Hafen von
Marseille in einem besseren Zustand ein, als sie je seit ihrer
Dienstaufnahme in der Sea Org gewesen war – sie war vom Vordersteven
bis zum Heck weiss gestrichen worden, die Metallteile glänzten und
die gesamte Crew war mit neuen Uniformen ausgestattet worden. Hubbard
war rundum zufrieden, hielt eine Zeremonie ab, die alle niederen
Zustände aufhob, und bezog dann gleich wieder seine Kabine an
Bord. Ein paar Tage später nahm die Royal Scotman Kurs auf
Melilla, einer spanischen Enklave an der marokkanischen Küste –
eine Distanz von 800 Seemeilen. Niemand wusste warum.
Die sonnige Stimmung des
Kommodore sollte jedoch nicht von
Dauer sein. Die Avon River steckte aufgrund eines
Generalstreiks in Frankreich im Hafen von Marseille fest, der das ganze
Land lahmgelegt und auch die Reparaturarbeiten auf dem Schiff zum
Stillstand gebracht hatte. Hubbard sandte eine um die andere Nachricht
von der Royal Scotman und drängte Hana Eltringham, die
Reparaturarbeiten irgendwie zu Ende zu bringen, da er sie dringend
brauchte. Eines Abends sagte ihr der Funker, dass LRH sie allein
sprechen wollte; sie sollte alle Leute wegschicken und die Brücke
abschliessen. "Ich machte also, was man von mir verlangte, und als ich
den Funk aufnahm, hörte ich ihn ungehemmt schluchzen. Er weinte
vor Frustration über das, was auf der Royal Scotman vor
sich ging. Er sagte mir, dass der neue Kapitän so inkompetent war,
dass er gezwungen war, das Kommando selbst zu übernehmen, doch war
er am Ende seiner Kräfte. Nichts hätte mich mehr
erschüttern können. Er war mein Ein-und-Alles. Ich liebte ihn
wie einen Vater oder Bruder, er war wie ein Teil meiner Familie. Ich
liebte ihn so sehr, dass ich alles für ihn getan hätte. Und
da weinte er am Funk und bettelte darum, dass ich alles in meiner Macht
stehende tun sollte, um das Schiff startklar zu kriegen und zu ihm zu
kommen. "Ich brauche dich hier als Kapitän", sagte er. Ich war
völlig durcheinander. Ich glaubte nicht, dass ich es schaffen
könnte, aber ich wusste, dass ich es versuchen musste. Ein Teil
seiner Genialität bestand darin, dass er die Leute dazu motivieren
konnte, Ausserordentliches zu leisten."
Zwei Tage später, als die
Brücke, die den Hafen
blockierte, für einen Notfall geöffnet wurde, schwang sich
die Avon River in die offene See hinaus, obwohl der Motor noch
nicht zur Gänze überholt worden war. Sie kam bis Barcelona,
als der Kolbenring wieder brach. Dort wurde sie wiederbetankt und
schleppte sich weiter bis Valencia; hier waren dann weitere Reparaturen
fällig. Dann traf ein Funkspruch ein, der Hana befahl, zur Royal
Scotman in Bizerte aufzubrechen.
Der alte Trawler traf einige
Stunden vor der Royal
Scotman in dem tunesischen Hafen ein. John McMaster, der auf einer
Promotiontour gewesen war und die Avon River in Valencia
wiedergetroffen hatte, konnte die Ankunft des Flaggschiffss der Sea Org
in Bizerte beobachten. "Ich werde das nie vergessen", sagte er. "Wir
waren über Funk gewarnt worden, dass sie gleich ankommen
würde, und um die Zeit, als sie ankommen sollte, traf ein
Kreuzfahrtschiff der Lloyd Tristina Linie ein. Sie war wie ein
wunderschöner Schwan, glitt heran, kam längsseits und dockte
mühelos an. Perfekt! Dann schaukelt unser Rostkübel heran,
lärmt fürchterlich herum und beginnt viel zu weit draussen
herumzumanövrieren. Jemand wirft ein Tau von Deck ohne die
leiseste Hoffnung, dass es das Dock erreichen würde, und es
fällt ins Wasser. Es war schon dämmrig und ich konnte die
Stimme von Fettwanst über das Wasser schallen hören. Er stand
auf der Brücke und schrie: "Ich bin hintergangen worden. Die
Bastarde haben mich schon wieder betrogen." Die Araber auf dem Dock,
die auf die Anlegeseile warteten, müssen sich ziemlich gewundert
haben, was denn da los war." [4]
Als die Royal Scotman
schliesslich angelegt
hatte, war Hubbards erste Aktion, dass er der Avon River den
Zustand "liability" zuwies, da sie so lange gebraucht hatte, zu ihnen
zu stossen. Er weigerte sich, mit Hana Eltringham zu sprechen und hatte
auch keinen Bedarf zu hören, wie sie Gefängnis riskiert
hatte, als sie aus dem bestreikten Hafen ausgelaufen war, um ihn zu
treffen, oder wie sie 500 Meilen mit aus den Luken dringendem Dampf
gefahren war und jeden Moment in Gefahr war, in die Luft zu fliegen.
"Es war keine Rede mehr davon, dass ich Kapitän der Royal
Scotman werden sollte", sagte Hana.
Heimgesucht von Verrätern
und Stümpern fühlte
sich Hubbard bemüssigt, neue Strafen für das
irregeleitete Sea Org Personal einzuführen. Abhängig von
seiner Stimmung wurden Delinquenten entweder in die Dunkelheit des
Kettenkastens eingesperrt und bekamen ihr Essen in einem Kübel
oder dazu verdonnert, für 24 oder 48 Stunden ohne Pause in den
Kieltanks Farbe abzuschleifen. Eine dritte Variation ergab sich
für Otto Roos, einem jungen Holländer, als er eine der
Bugleinen fallen liess, während die Royal Scotman
sich entlang des Docks bewegte: Purpur vor Zorn ordnete Hubbard an,
dass er über Bord geworfen werden sollte.
Niemand hinterfragte die
Anordnungen des Kommodore. Zwei
Crewmitglieder griffen sich prompt den Holländer und warfen ihn
über die Seite des Schiffs. Es gab einen enormen Platscher, als er
auf dem Wasser aufschlug, dann waren alle starr vor Schreck, als er
verschwunden zu sein schien. Man spekulierte nervös, dass er bei
seinem Fall möglicherweise auf die Pufferplanke aufgeschlagen war.
Doch Roos war ein guter Schwimmer und als er die Landungsbrücke
triefend wieder hinaufkletterte, war er überrascht, die Mannschaft
immer noch auf der anderen Seite des Schiffs ängstlich über
der Reeling hängen zu sehen.
"Es war nicht wirklich
möglich, diese Vorgänge zu
hinterfragen", erklärte David Mayo, ein Neuseeländer und
langjähriges Mitglied der Sea Org, "denn man war nie sicher, wem
man wirklich trauen konnte. Hubbards Aussagen oder Aktionen infrage zu
stellen war ein Vergehen, und man wusste nie, ob man dafür nicht
gemeldet wurde. Die meisten Crewmitglieder hatten Angst, dass sie aus
Scientology rausgeworfen werden würden, sobald sie sich mit
gewissen Vorgängen nicht einverstanden erklärten. Das war
für die meisten absolut unerträglich, etwas, was man unter
allen Umständen vermeiden wollte. Das war noch viel schrecklicher
als alles, was einem in der Sea Org passieren konnte.
"Wir dachten nicht allzu viel
über sein Verhalten nach.
Meistens war es rational nicht nachvollziehbar, doch selbst dieser
Gedanke war herabwürdigend und man konnte es sich nicht erlauben,
herabwürdigende Gedanken zu haben. Einer der Fragen bei den
Sicherheitsüberprüfungen (Sec-Checks) lautete: "Hattest du
LRH gegenüber jemals unfreundliche Gedanken?" – und man konnte in
grosse Schwierigkeiten geraten, wenn man die hatte. So versuchte man
also sie zu vermeiden." [5]
Am 25. Juli 1968, während
Hubbard immer noch in Bizerte
weilte, entschloss sich die Regierung Grossbritanniens
schliesslich, Schritte gegen Scientology zu unternehmen. Der
Gesundheitsminister Kenneth Robinson verkündete im britischen
Unterhaus, dass Studenten von Scientology die Einreise nach
Grossbritannien verweigert würde. "Die Regierung ist nach
Durchsicht aller verfügbaren Beweise zur Überzeugung gelangt,
dass Scientology schädlich für das soziale Leben ist. Es
entfremdet Familienmitglieder von einander und unterstellt allen, die
dagegen opponieren, armselige und schändliche Motive. Seine
autoritären Prinzipien und Praktiken sind eine mögliche
Bedrohung für die Persönlichkeit und das Wohlergehen von all
denen, die unter Vorspiegelung falscher Tatsachen zu Anhängern
wurden; zudem können die scientologischen Methoden eine ernsthafte
Gefahr für die Gesundheit für all jene darstellen, die sich
diesen Praktiken unterwerfen."
Ein paar Tage später
verkündete der Innenminister,
dass L. Ron Hubbard als "unerwünschter Ausländer" eingestuft
wurde, dem infolgedessen die Einreise nach Grossbritannien verweigert
würde. Diese Entscheidung veranlasste Hubbard dazu, ein Telex nach
Saint Hill zu schicken, in dem er sich darüber beklagte, dass
"England, einst das Licht und die Hoffnung dieser Welt, zu einem
Polizeistaat geworden war, dem man nicht mehr trauen konnte".
Diese Entwicklungen spornten die
englischen Zeitungen zu
erneuten Bemühungen an, den unglaublichen Mr. Hubbard zu finden
und zu interviewen. Die Daily Mail, die kurz zuvor voller
Freude die Nummern von Hubbards Bankkonten in der Schweiz
veröffentlicht hatte, war die erste Zeitung, die ihn in Bizerte
ausfindig machte. Hubbard trug eine Einstellung nonchalanter
Gleichgültigkeit gegenüber den Vorgängen in England zur
Schau und tat sein Bestes, das Mail Team zu bezaubern. Er lud
die Reporter an Bord ein, zeigte ihnen seine sechzehn Kriegsmedaillen
in einem gerahmten Kasten hinter seinem Schreibtisch und beantwortete
mehr als zwei Stunden lang höflich ihre Fragen.
Er behauptete, Scientology nicht
mehr länger zu
kontrollieren, sagte, er wäre aus Gesundheitsgründen im
Ausland und bestand darauf, in Grossbritannien immer noch willkommen zu
sein. "Mein Name flösst Vertrauen ein", behauptete er. "Ich bin
überall willkommen. Wenn ich nach England zurückkehren
wollte, würde ich durch das Haupttor gehen und der Zollbeamte
würde sagen: "Hallo, Mr. Hubbard." So war es immer und so wird es
immer sein."
Es war ein gewaltige
Werbekampagne; das schlimmste, was die
Zeitung über ihn sagen konnte, war, dass er Kettenraucher von
Mentholzigaretten war und "nervös herumfuchtelte". [6]
Als am nächsten Tag ein britisches TV-Team eintraf, gab er sich
genauso selbstsicher, sogar als der Interviewer ihn fragte: "Haben Sie
jemals darüber nachgedacht, dass Sie ziemlich verrückt sein
könnten?" Hubbard grinste breit und antwortete: "Oh, ja! Derjenige
Mensch auf dieser Welt, der niemals glaubt, dass er verrückt sein
könnte, der ist der Verrückte."
Er erklärte, dass ein
Grossteil seines Reichtums von
seinen Jahren als Schriftsteller stammte: "15 Millionen
veröffentlichte Wörter und ein Haufen erfolgreicher Filme
zahlen sich schon aus." Er war im Mittelmeer, um antike Kulturen zu
studieren und herauszufinden, warum sie untergegangen waren. [7]
Nach dem Fernsehinterview
entschloss sich Hubbard nicht
länger in Bizerte zu bleiben um weitere Medienvertreter zu
unterhalten. Die Royal Scotman lichtete überstürzt
den Anker und nahm Kurs aufs offene Meer – und liess die
später Ankommenden ärgerlich auf ihren Absätzen im Staub
des tunesischen Docks aufstampfen und sich wundern, ob diese Reise ihr
Geld wert gewesen war.
Die
Ankunft
der
Royal
Scotman
auf
der
griechischen
Insel
Korfu zwei Tage später erregte dort nur
wenig Aufsehen. Korfu war ein beliebtes Ziel für Kreuzfahrtschiffe
und ein belebter Hafen; Schiffe liefen hier ständig ein und aus.
Vielleicht abgesehen von der Flagge von Sierra Leone war an der Royal
Scotman nichts besonderes; es ging das Gerücht um, dass sie
eines dieser schwimmenden Schiffe war, die zu der Zeit populär
waren. Damit war die vage Neugier an den Docks befriedigt.
Abgesandte vom Schiff statteten
dem Hafenmeister Marius
Kalogeras einen Besuch ab und erklärten, dass sie
Repräsentanten der "Operation and Transport Corporation Limited"
waren, einer internationalen Wirtschaftsmanagement-Organisation. Es
würden demnächst noch zwei weitere Schiffe ihrer Organisation
eintreffen und man beabsichtigte, einige Zeit auf Korfu zu bleiben,
während Studenten auf den Schiffen Kurse besuchten. Ihre
logistischen Erfordernisse, so strichen sie heraus, würden zu
einer beträchtlichen Finanzspritze für die Wirtschaft der
Insel führen, ganz abgesehen von den Ausgaben, die die Studenten
selbst tätigten.
Der Hafenmeister hatte schnell
verstanden, wies den "OTC"
Schiffen ausgewählte Liegeplätze in einem abgesonderten
Bereich des erst kürzlich verlängerten Kais zu und versprach,
sie mit allem notwendigen zu versorgen. Eingenommen von dieser
freundlichen Aufnahme begann der Kommodore die Insel und die Griechen
selbst mit Wohlwollen zu sehen; ja, er versprach der Ephimeris ton
Idisseon, einer der Tageszeitungen auf Korfu, ein Interview zum
Thema des kürzlich stattgefunden Staatsstreichs in Griechenland zu
geben, der von einer Gruppe von Offizieren – den "Obersten" –
unternommen worden war.
Die Unterwürfigkeit des
Interviewers wurde nur noch von
Hubbards offensichtlichem Streben, sich beliebt zu machen
übertroffen, einer schöntuerischen Frage folgte eine
ebensolche Antwort:
"Frage: "Mr. Hubbard, verfolgen
Sie als internationale
Persönlichkeit die neue Situation hier in Griechenland und was
denken Sie von der Arbeit der derzeitigen Regierung?"
Antwort: "Die Regierung ist der
Spiegel des Volkes. Wo immer
ich und meine Studenten hingehen, sagen die Leute, dass sie sich sicher
fühlen. Die Entscheidung, dieses Unternehmen aus der Taufe zu
heben und unser Hauptquartier hier einzurichten, zeigt unser Vertrauen
in Griechenland."
Frage: "Ich habe gehört,
dass Sie, Mr. Hubbard, die
neue griechische Verfassung von Anfang bis Ende gelesen haben. Wenn das
wahr ist, was halten Sie davon?"
Antwort: "Ja, ich habe sie mit
grossem Interesse gelesen.
Den Menschenrechten wurde grosse Bedeutung zugemessen. Ich habe viele
Verfassungen gelesen, beginnend von der Zeit ungeschriebener Gesetze,
die für primitive Volksstämme bindend waren; und ich muss
sagen, die derzeitige Verfassung repräsentiert die leuchtendste
Tradition griechischer Demokratie. Von allen modernen Verfassungen ist
die griechische die beste ..."
Hubbards Interpretation der
regierenden Militärjunta
als Demokratie entsprach nicht der generellen internationalen Meinung,
doch der Interviewer verabsäumte es, hier weiter nachzuhaken.
Als dann die Avon River
in Korfu auf das Flaggschiff
traf, war Hubbard von Griechenland so entzückt, dass er sich dazu
entschloss, die Namen aller seiner Schiffe zu Ehren seiner Gastgeber
umzuändern. Die Royal
Scotsman wurde zur Apollo,
die
Avon River zur Athena und die Enchanter,
die auf diversen Missionen für den Kommodore im Mittelmeer
herumgetuckert war und oft genug ausfiel, wurde zur Diana.
Ende August trafen die ersten
Studenten von Saint Hill in
Korfu ein, viele von ihnen hatten hohe Summen geschmuggelten Bargelds
bei sich (die britische Regierung hatte kurz zuvor Einschränkungen
beim Valutenexport erlassen, die die Sea Org in Zahlungsprobleme
gebracht hatte, denn sie zahlte normalerweise ihre Rechnungen in bar).
"Sie gaben mir ungefähr 3000 Pfund in grossen Noten, um sie auf
das Schiff mitzunehmen", sagte Mary Maren. "Ich versteckte sie in
meinen Stiefeln."
Schmuggeln war nur die logische
Schlussfolgerung für
die hochmütige Verachtung der Sea Org gegenüber der
"Wog"-Welt. Leon Steinberg zum Beispiel, Lademeister auf der Avon
River, war der anerkannte Experte für die Fälschung von
Genehmigungen, die den unersättlichen Appetit der maritimen
Bürokratie sättigten. Er verwendete Kartoffelstempel, um die
entscheidenden Gummistempel nachzumachen. Sie wurden zum grossen
Amüsement der Scientologen fast immer akzeptiert, die diese
Papiere "Steinidokumente" nannten. [8]
Der Kurs, der
fortgeschrittenen Scientologen auf Korfu
angeboten wurde, war das Training zum "Operierenden Thetan" Level VIII;
das war die höchste zur der Zeit angebotene Kategorie. Ein Class
VIII Auditor zu werden war das Ziel jedes ernsthaften Scientologen,
obwohl keiner von ihnen auf die neue Alleinherrschaft vorbereitet war,
die sich innerhalb der Sea Org entwickelt hatte. "Die Atmosphäre
war sehr unfreundlich, als wir ankamen", sagte Mary Maren. "Jemand aus
unserer Gruppe hatte ein bisschen Alkohol getrunken. Er wurde von einem
der Offiziere gepackt, der ihn wirklich hart hernahm und anfuhr, "Dies
ist ein Schiff der Sea Org und es steht unter dem Kommando von L. Ron
Hubbard..." Ich wusste, es würde nicht wie in Valencia werden und
ich mochte das nicht."
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Hier eine Klarstellung: im
August 1968 war der höchste
Grad von Operating Thetan VII sieben,
nicht
acht.
Ein
Class
VIII
Auditor
konnte
Scientologen
auf diesen gehobenen Status bringen
. Der OT Level VIII wurde erst in
den 80ern geschrieben.
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Die Studenten wurden mit einer dürftigen Uniform
bestehend aus einem grünen Overall, braunem Gürtel und
braunen Sandalen ausgestattet und wurden bei jeder sich bietenden
Gelegenheit erniedrigt. "Man sagte uns, wir wären weniger wert als
Kakerlaken und würden nicht mal das Recht haben Mary Sues Hund zu
auditieren", sagte Maren. "Der Arbeitstag begann jeden Morgen um sechs
Uhr und endete um elf Uhr nachts nach einem 90-minütigen Vortrag
von Hubbard im vorderen Esszimmer auf Deck B. Wir hatten immer Angst
einzuschlafen. LRH lies sich davontragen und dramatisierte alles
mögliche, während wir uns gegenseitig zwickten um wach zu
bleiben. Wir hatten Angst; wir standen dauernd unter Stress und Druck."
Der Kurs lief noch nicht lange,
als Hubbard entschied, dass
während des Auditings zu viele Fehler passierten; er kündigte
also an, dass die Verantwortlichen für die Fehler über Bord
geworfen würden. Alle lachten über Rons Witz.
Am nächsten Morgen beim Morgenappell auf dem
Achterdeck
wurden zwei Namen aufgerufen. Als die Studenten nach vorne traten,
wurden sie von Sea Org Offizieren an Armen und Beinen gepackt und
über Bord geworfen, während der Rest der Gruppe zuerst voller
Erstaunen, dann aber voller Angst zuschaute. Hubbard, Mary Sue und ihre
16jährige Tochter Diana, alle in Uniform, beobachteten die
Zeremonie vom Promenadendeck aus. Die zwei Opfer schwammen um das
Schiff herum, kletterten die Steinstufen am Kai empor und stapften –
nach Atem ringend – die Landungsbrücke herauf. Oben mussten sie
dann salutieren und um die Erlaubnis bitten, an Bord zurückkehren
zu dürfen.
"Über-Bord-Werfen" wurde daraufhin zum
täglichen
Ritual. Die Namen der Opfer wurden auf die Tagesbefehle gesetzt und
wenn der diensthabende Offizier morgens um sechs Uhr durch das Schiff
lief, an die Kabinentüren pochte und "Appell auf dem Achterdeck!
Appell auf dem Achterdeck!" rief, wusste jeder, was passieren
würde. "Jedes Opfer wurde herausgerufen", sagte Ken Urquhart, "und
dann faselte der Kaplan irgendetwas davon, dass das Wasser die
Sünden abwaschen würde; dann packte man sie und stiess sie
über Bord. Die Leute akzeptierten es, denn wir alle hatten einen
unerschütterlichen Glauben daran, dass Rons Taten der Menschheit
helfen würden. Er war unser Führer und wusste Bescheid." [9]
"Meiner Meinung nach war es furchtbar unmenschlich,
einfach
barbarisch", sagte Hana Eltringham. "Einige der Leute auf Kurs waren
Frauen im mittleren Alter. Julia Salmon, die Direktorin der LA Org, war
zum Beispiel 55 Jahre alt und bei schlechter Gesundheit; und auch sie
wurde über Bord geworfen. Als sie auf das Wasser aufschlug,
schluchzte und schrie sie. LRH genoss es ohne Zweifel. Manchmal
hörte ich ihn sogar Witze darüber reissen. Das waren die
Momente, als ich der Frage, was ich eigentlich hier machte, sehr nahe
kam. Doch ich rechtfertigte das alles immer, indem ich mir einredete,
dass er wissen musste, was er tat, und dass das alles einen
höheren Sinn ergab."
Diana Hubbard schien diese Zeremonie ebenfalls zu
geniessen
und ordnete oft "Über-Bord-Werfen" an. "Ich erinnere mich, als ich
eines Tages in meiner Funktion als Erster Offizier einmal an Deck kam",
sagte Amos Jessup, "und meine ganze Abteilung von vier oder fünf
Leuten über Bord geworfen fand. Ich wusste nichts davon und sagte:
"Was zum Teufel ist denn hier los?" Dann bemerkte ich Diana, die vom
Deck auf mich herabschaute und ich dachte bei mir, "Jesus Christus!"
Von den vier Kindern Hubbards auf dem Schiff war zu
diesem
Zeitpunkt nur Diana zum Offizier der Sea Org ernannt worden. Sie war
mit ihren sechzehn Jahren "Kommandierender Lieutenant" und trug eine
Uniform mit Mini-Rock und einer Schirmmütze, die sie
gewöhnlich auf ihren Hinterkopf geschoben hatte, damit sie ihr
brünettes Haar nicht durcheinander brachte. Der 14jährige
Quentin sollte Auditor werden, konnte dafür jedoch im Vergleich zu
seiner Begeisterung für Flugzeuge wenig Interesse aufbringen: Man
konnte ihn oft sehen, wie er das Deck mit ausgestreckten Armen
entlanglief und hochstieg und sich wieder senkte wie in einem
imaginären Luftkampf, während seine Lippen die entsprechenden
Motorengeräusche nachmachten. Suzette, 13, und Arthur, 10,
schienen rundum zufrieden, indem sie das beste aus ihrem seltsamen
Leben machten und den Einfluss genossen, den ihnen ihr Name verlieh.
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Zwei Sea Org Mitglieder
heben
einen unglückseligen Scientologen über Bord. Dieses Photo,
von Hubbard selbst aufgenommen, wurde in Der Auditor, Ausgabe 41, 1968,
veröffentlicht. Der Herausgeber dachte wohl, dass das Ganze ein
kleiner Scherz seitens Hubbards war; daher auch die ironische
Bildunterschrift ("Studenten werden wegen grober Out-Tech über
Bord geworfen und der Tiefe überlassen"). Natürlich war das
überhaupt kein Witz, und der bedauernswerte Herausgeber wurde
selbst ins RPF geschickt, als Hubbard den Artikel las. @pgplate(292)
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Diana war nach Meinung von John
McMaster das unbeliebteste
Kind Hubbards an Bord. McMaster, der immer noch als Hilfskraft
arbeitete, wurde auf der Apollo
fünfmal über Bord
geworfen und hegte einen tiefen Groll gegen Hubbard und seine
dienstbeflissene Tochter. "Das letzte Mal rief jemand mich zu sich und
sagte: "John, du wirst am Achterdeck verlangt, der Kommodore will dir
einen speziellen Preis verleihen". Ich hatte einige Befürchtungen,
doch ich ging trotzdem nach oben, und als ich dann das Achterdeck
betrat, sah ich, dass das alles ein schmutziger Trick war. Die gesamte
Mannschaft stand in Hab-Acht Stellung da und oben auf dem
Promenadendeck waren der Fettwanst und die königliche Familie und
all die in der Gunst stehenden Offiziere. Hubbard lehnte sich mit
seinem sorgenvollen "Ich-bin-schon-wieder-betrogen-worden"
Gesichtsausdruck über die Reeling.
"Ich begann zu kochen. Ich musste
mich direkt vor die
"königliche Familie" stellen; Diana kam runter, stellte sich vor
mir auf und las mir eine Liste meiner Verbrechen vor – Dinge wie
Meuterei, Zersetzung ect. Das waren alles Lügen. Ich war derart
ausser mir, dass ich beinahe sie gepackt und über Bord
geworfen hätte. Dann fing sie an zu singen: "Wir werfen deine
Sünden und Irrtümer in die Wellen und hoffen, dass du als
besserer Thetan emporsteigen wirst"."
"Ich stand kurz davor zu sagen:
"Geh und hol dir den fetten
Bastard da oben! Er ist der Unehrenhafte! Wirf ihn über Bord!" Ich
hätte es tun sollen; ich wünschte, ich hätte es getan,
es hätte den Bann gebrochen, unter dem wir alle standen. Vier
grosse Strolche packten mich und schleuderten mich hinaus und ich fing
an zu lachen und konnte nicht mehr aufhören. Ich dachte bei mir:
"Mein Gott, ich muss weg von diesem Wahnsinn auf dem Schiff, und wenn
ich nach Jugoslawien schwimmen muss." [10] Er verliess das Schiff einige Monate
später.
Es war vorhersehbar, dass ein
"Schulschiff", das jeden
Morgen seine Studenten über Bord"Ich war knapp dran zu sagen: "Geh
und hol dir den fetten Bastard da oben! Er ist der Unehrenhafte! Wirf
ihn über Bord!" Ich hätte es tun sollen; ich wünschte,
ich hätte es getan, es hätte den Bann gebrochen, unter dem
wir alle standen. Vier grosse Strolche packten mich und schleuderten
mich hinaus und ich fing an zu lachen und konnte nicht mehr
aufhören. Ich dachte bei mir: "Mein Gott, ich muss weg von diesem
Wahnsinn auf dem Schiff, und wenn ich nach Jugoslawien schwimmen
muss"." Er verlies das Schiff einige Monate später.
Der Nomach (Bürgermeister)
von Korfu fragte Major John
Forte, den britischen Honorar-Vize-Konsul auf der Insel, was er
über das seltsame Schiff wisse. Forte, ein Armee-Offizier im
Ruhestand, wusste viel. Er hatte die Ankunft der Royal Scotman
in Korfu an das Aussenministerium in London gemeldet und hatte richtig
geschlossen, dass es sich (in seinen Worten) um "das unheilvolle
Scientology Schiff" handelte. Daraufhin bekam er den Auftrag, Hubbard
einen Brief zu überreichen, der diesen informieren sollte, dass er
in Grossbritannien zur "Persona non grata" erklärt worden war.
Dies erwies sich schwieriger als erwartet.
"Ich wurde auf dem Laufsteg von
einem schmalen Burschen von
ungefähr 12 Jahren in Empfang genommen", so der Major, "der einen
fest entschlossenen, aber dennoch abwesenden Gesichtsausdruck hatte und
mich freundlich, aber bestimmt fragte, was ich hier wollte. Ich fragte,
wo ich den Kapitän finden konnte. Der Bursche sagte dann allen
Ernstes: "Ich bin der Kapitän." Offensichtlich nehmen die
Kinder an Bord wechselseitig die Rollen verschiedener Offiziere an und
sind dazu indoktriniert, tatsächlich zu glauben, sie wären
diejenigen, die sie gerade spielen. Nach einer interessanten
Konversation mit dem Burschen wurde ich von einem der Mitarbeiter zu
den dreckigen und übelriechenden Eingeweiden des Schiffs hinunter
gezogen. Dort wurde ich einer übergrossen Frau, angeblich die
"Supercargo", vorgestellt, die aussah wie eine Aufseherin in einer
Dickensschen Besserungsanstalt vergangener Zeiten. "Supercargo"
unterschrieb den Empfang des Briefes und versprach, ihn an Hubbard
weiterzuleiten, der angeblich gerade auf der Avon River auf See
war. Ungefähr einen Monat später wurde mir der Brief, der
aufgerissen und wiederversiegelt worden war, mit einer Notiz von
"Supercargo" wieder zurückgeschickt, die besagte, dass Hubbard
nicht gefunden werden konnte; sein Aufenthaltsort sei unbekannt." [11]
Hubbard war jedoch die ganze Zeit
an Bord, hielt sich im
Hintergrund und wartete auf den geeigneten Zeitpunkt um an Land zu
gehen. Während die Gerüchte über das rätselhafte
Schiff im Hafen immer wilder wurden, freuten sich die lokalen
Händler ohne Bedenken über die etwa 50.000 $, die die Sea Org
jeden Monat in Korfu ausgab. Schliesslich wurde am 16. November
Hubbard zu Ehren ein Empfang im Achilles-Palast, einem üppig
ausgestatteten Kasino auf der Insel, gegeben. Es war das erste Mal,
dass er seit seiner Ankunft im August das Schiff verlassen hatte; er
bekam Standing Ovations, als er den Palace betrat.
Sehr zufrieden damit
erwiderte Hubbard die Gastfreundschaft,
indem er die lokalen Honoratioren zur Umbenennungszeremonie an Bord der
Apollo einlud. Alle Sea Org Offiziere waren in ihren
besten Uniformen am Kai aufmarschiert und Diana Hubbard, die einmal
ihre Mütze richtig aufgesetzt hatte, stieg auf ein Podium und
zerbrach eine Flasche Champagner am Heck des Schiffs, während sie
ausrief: "Ich taufe diese Yacht hiermit auf den Namen Apollo."
Als der neue Name in Goldlettern am Heck des Schiffes enthüllt
wurde, betrat Hubbard ebenfalls die Bühne und sagte: "Ich
möchte Ihnen vielmals danken, dass sie gekommen sind und uns mit
Ihrer Anwesenheit beehrt haben, Bürger von Korfu ..."
Hinter diesen herzlichen
Szenen gärten jedoch schon
wieder die Probleme. Die griechische Regierung hatte mittels ihrer
Botschaft in London Grossbritannien um förmliche Auskunft gebeten.
Geheimagenten im Auftrag der Regierung kamen mit dem Auftrag nach
Korfu, das Schiff zu inspizieren, wurden jedoch vom Hafenmeister
beruhigt, dass die Scientologen harmlose Leute wären, die das
Gesetz respektierten und keinen Ärger verursachten. "Ich hab zwar
gesehen, wie sie Leute ins Meer warfen", gab er zu, "doch war das laut
ihren Erklärungen Teil ihres Trainings." Major Forte beklagte
sich, dass er von Leuten belagert wurde, die beanstandeten, dass die
Scientologen auf der Insel "beherbergt" würden. Und
schliesslich veröffentlichte Korfus führende
Tageszeitung Telegrafos einen höchst kritischen Bericht
über Scientology, der mit der beiläufigen Erwähnung von
"schwarzer Magie" tatsächlich Argwohn auf Korfu erregte.
Im Januar 1969 waren die
Händler auf Korfu derart
beunruhigt, dass Schritte gegen die Scientologen unternommen werden
könnten, dass sie ein Telegramm an den Premierminister
Papadopoulos sandten und darin ihre "herzliche Bitte" unterbreiteten,
dass die "Philosophische Schule des Professor Hubbard" weiterhin auf
Korfu bleiben könnte. Der Generalsekretär des Ministeriums
für Seehandel antwortete, dass es "nie irgendeinen Einwand"
gegeben habe, dass die Apollo auf Korfu bleibe.
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Das Familienunternehmen:
Hubbard und seine Tochter Diana. Mit 17 war sie leitender Offizier auf
dem Flaggschiff. (Copyright © Times Newspapers Ltd.)
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Hubbard versprach inzwischen die
Insel weiter mit seiner
Freizügigkeit zu überschütten. In einem typisch
hochtrabenden Manifest mit dem Titel "Gutachten zur sozialen und
ökonomischen Situation Korfus" fasste er ins Auge, Hotels,
Strassen, Fabriken, Schulen, einen neuen Hafen, drei Golfplätze,
sieben Yachtmarinas und diverse Erholungsgebiete zu bauen; zudem wollte
er eine Universität für griechische Philosophie errichten,
die von der "Operation and Transport Corporation" gefördert
würde. Die Schlagzeile der Ephimeris ton Idisseon am
nächsten Tag lautete "KORFU SIEHT EINER GLÄNZENDEN
ZUKUNFT ENTGEGEN". "
Der stellvertretende
Premierminister gab daraufhin eilig
eine Verlautbarung heraus, die klarstellte, dass "die Scientologen noch
keine Erlaubnis erhalten haben, sich auf griechischer Erde
niederzulassen". Hubbard antwortete, indem er ankündigte, dass
seine scientologische Schule auf Korfu "in den nächsten zwei bis
drei Wochen" ihre Pforten öffnen würde.
Inzwischen war Major Forte überzeugt, dass Hubbards Absicht war,
bis zu einem gewissen Grad die Kontrolle über die Insel zu
bekommen und hier das weltweite Hauptquartier von Scientology zu
errichten; er unternahm also alle Anstrengungen, damit Hubbard nicht
Fuss fassen konnte. LRH andererseits war wie immer davon
überzeugt, dass es eine Verschwörung gegen ihn gab und dass
Forte ein Agent des britischen Geheimdienstes war, der in der Abteilung
für "schwarze Propaganda" tätig war. Er würde
später behaupten, dass der Major bösartige Gerüchte
über schwarzmagische Riten an Bord der Apollo verbreitet
hatte, sowie dass die Scientologen Quellen vergiftet und die Kühe
mit Zaubersprüchen belegt hatten.
[12] In
Wahrheit wurden
Entscheidungen auf einer Ebene getroffen, die weit über der
Reichweite eines unbedeutenden Honorar-Vize-Konsuls lag: der
griechische Aussenminister hatte eine offizielle Anfrage an die
Regierungen von Grossbritannien und Australien zum Status von
Scientology in deren Ländern gerichtet.
Am 6. März bekamen Hubbards
Gegner unerwartete
Schützenhilfe der sechsten US Flotte, als eine Eingreiftruppe vor
Korfu ankam und eine Einheit von Marines Wachposten um die
Anlegestellen der Sea Org Schiffe bezogen, offensichtlich um zu
verhindern, dass Navy-Personal mit den Scientologen in Kontakt kam.
"Irgendwie schien es so", sagte Major Forte, "dass dies eine
sorgfältig geplante Operation mit dem Zweck war, den lokalen
Autoritäten die schwerwiegenden Gefahren einer Vergiftung durch
diesen unerwünschten Kult vor Augen zu führen."
So unwahrscheinlich diese Theorie
auch war, so ordnete der
Nomach von Korfu doch knapp zwei Wochen später an, dass Hubbard
mit seinen Schiffen Griechenland innerhalb von 24 Stunden zu verlassen
hatte. "Der alte Mann hatte schier einen Herzanfall, als er davon
hörte", sagte Kathi Cariotaki, ein Sea Org
Mitglied, die mit
Hubbard zu der Zeit auf der Brücke war. "Durch den Schock wurde er
aschfahl im Gesicht." [13]
Um fünf Uhr nachmittags am
19. März 1969,
während der Hafen von der Polizei abgeriegelt war, löste die
Apollo ihre Leinen und nahm Kurs auf die Ägäische See.
Major John Forte beobachtete sie,
wie sie das Hafengebiet
verlies und bemerkte dabei, dass neben ihm einer der
berüchtigsten Schürzenjäger der Insel stand. Er
beklagte mit ihm die Abreise so vieler hübscher Mädchen.
"Doch eigentlich bin ich gar nicht so unglücklich, dass sie fort
sind", antwortete der Mann. "Die haben einen ja nur angemacht. Wenns
dann zum Punkt kam, haben sie dir alle erklärt, dass sie nur zu
anderen Scientologen sexuelle Beziehungen haben dürften."
Forte lachte. Das war seiner
Ansicht nach ein faszinierender
Aspekt der Philosophie der Scientology Church.
Last updated: January
08,
2011
[1] Interview with Mary Maren, Los
Angeles, August 1986
[2] Interview with Jessup
[3] Interview with Eltringham
[4] Interview with McMaster
[5] Interview with
David Mayo, Palo Alto,
August 1986
[6] Daily Mail,
6
August
1968
[7] Scientology:
The Now Religion, George Malko, 1970
[8] Interview with Jessup
[9] Interview
with
Ken
Urquhart,
Maclean, VA., April 1986
[10] Interview with McMaster
[11] The
Commodore
and
the
Colonels, John Forte (pub. Corfu Tourist
Publications and Enterprises, 1981)
[12] Letter
from
Mary
Sue
Hubbard
to Sir John
Foster, 6 November 1969
[13] Interview with Kathy Cariotaki, San
Diego, July 1986
Im englischen Original
spricht der Autor dieses Buches von "Church", was in
diesem
Text als "Kirche"
übersetzt werden könnte. Das
würde aber im deutschen Text eine Aufwertung der Scientology
Organisation bedeuten. Church bedeutet aber in den USA nicht unbedingt
immer eine Kirche im herkömmlichen Sinn, sondern unter anderem
auch eine Versammlung von Gemeindemitgliedern. Im Deutschen bedeutet
Kirche "dem Herrn gehörig" (griech. kyriaké, althochdt.
kiricha) und daher ist der Begriff Kirche in der deutschen
Übersetzung nicht verwendbar.
Copyright © by Russel Miller,
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