An die Angehörigen eines
Sekten- oder Kultmitgliedes...
dieser bisher im Internet unveröffentlichte
Text
wurde mir von einer sehr lieben Ex-Scientologin
mit der Genehmigung zur Veröffentlichung
übergeben:
Das Wichtigste gleich zu Beginn:
- Es gibt keine Patentrezepte! Was auf den einen Menschen
Eindruck
macht,
kann einen anderen völlig kalt lassen.
- Erwarten Sie nie, dass das was Sie tun spektakulär und
schnell
wirkt.
Vieles von dem, was sie tun, mag richtig und wirksam sein, ohne dass
Sie
zunächst eine Reaktion bemerken können.
- Tun Sie nie etwas, das Ihnen absolut zuwider ist; wenn Sie
leidenschaftlich
gegen den Kult eingestellt sind, so geben Sie das ruhig zu - nur achten
Sie darauf, dass Sie den Betroffenen nicht beleidigen oder verletzen.
zB.
sollten Sie Leute, die von den Betroffenen als Freunde empfunden
werden,
nie persönlich attackieren oder die Freundschaft abwerten!
- Am Beginn einer Beschäftigung mit einem destruktiven
Kult
kann ein
interessanter und harmonischer gemeinsamer Urlaub noch rechtzeitig
Distanz
bringen - Achten Sie auf die Möglichkeit einer Beschäftigung
mit "philosophischen" Themen - aber streuen Sie das Angebot
möglichst
breit!
- Sprechen Sie öfter (auch bzw. gerade in Briefen)
schöne
gemeinsame
Erlebnisse der Vergangenheit an bzw. versuchen Sie, auch durch
"Unternehmungen"
an sie anzuschliessen (man muss sich ja nicht in der aus jüngster
Vergangenheit mit zahlreichen negativen Gefühlen belasteten
Wohnung
treffen; auch ein Terrain das für den Betroffenen mit dem Kult
stark
verbunden ist, auf dem er sich natürlich "sicher" fühlt, muss
es nicht unbedingt sein; wie wäre es mit jenem Gasthaus, zu dem
Sie
früher immer ihre Sonntagsspaziergänge geführt haben?)
- Unterschreiben sie NIE Einverständniserklärungen
zu
Mitgliedschaft
Ihres Angehörigen bei irgendeiner unbekannten(?) Gruppe, bevor Sie
sich gründlich über diese informiert haben! Lassen Sie Sich
dabei
nicht von "Schönwetter" Einladungen seitens der Gruppe
täuschen!
- Wälzen Sie nicht wieder und wieder die Schuldfrage;
weder
Sie noch
das Kultmitglied noch sonst jemanden trifft "Schuld" im eigentlichen
Sinn.
- Und "schämen" Sie Sich Ihres Problems nicht! Menschen aus allen
Kreisen und Schichten sind von ihm betroffen und sein Auftreten ist
kein
Indikator für persönliches Versagen!
- Nutzen Sie die eventuell noch vorhandenen emotionalen
Bindungen
an
traditionelle
Feste (Geburtstag, Weihnachten Ostern, u.ä.) und feiern Sie diese
mit Ihrem Angehörigen gemeinsam. Meiden Sie dabei
konfliktträchtige
Themen!
- Vermeiden Sie in Gesprächen und Diskussionen
Formulierungen
"Warum
tust Du und das an?" "Womit habe ich das verdient?" "Was wird XXXX
sagen,
wenn er das erfährt?" u.ä. - überhaupt vermeiden Sie es,
mit den Schuldgefühlen des Betroffenen zu operieren - das tun
Kulte
auch - und sie können es besser!
- Diskussionen über weltanschauliche Aspekte des Kultes
sind
normalerweise
fruchtlos u.a. weil nicht der "Glaube" den Betroffenen hält,
sondern
ein Zusammenwirken verschiedener "Psychotricks" (Gruppendynamisches
ebenso
wie Elitegefühl,....) einzige Ausnahme: zum Schaffen einer
Vertrauensbasis;
wenn ganz am Ende oder ganz am Anfang einer "Laufbahn" kompetent
Beziehungen
zu geachteten bzw. verwandten Systemen, Personen oder Anschauungen
hergestellt
werden können.
- eine gute Gesprächsbasis sollte unbedingt erhalten
bleiben:
nicht
durch persönliche Angriffe und Unterstellungen leichtfertig
zerstören;
auf alle schriftlichen oder mündlichen Kontaktaufnahmen reagieren;
Überzeugungen (oder scheinbare Überzeugungen) nicht abwerten
oder lächerlich machen; mit der eigenen Meinung zwar nicht hinter
dem Berg halten, aber ganz klar machen, dass Sie den Betroffenen
UNABHÄNGIG
von seinen Überzeugungen und Mitgliedschaften lieben und
schätzen.
(nach dem Motto: "Ich kann Deinen Meinung zwar nicht teilen, aber das
ändert
nichts an meinen Gefühlen [Liebe] zu Dir.)
- Apellieren Sie nicht an das (schlechte) Gewissen - auch das
können
Kulte besser! ABER: Das Unbehagen, das das Kultmitglied dann
beim
Gedanken an zu Hause empfindet, entfremdet es der Familie noch mehr.
- Schaffen Sie zu Hause einen neutralen, aber angenehmen Ort;
das
rentiert
sich, sobald während der Kultmitgliedschaft eine Phase der
Unzufriedenheit
eintritt.
- Geben Sie NIE Originaldokumente aus der Hand (wofür
auch
immer)
sondern
immer nur Kopien
- Schicken Sie kein Geld und stellen Sie auch keine
grösseren
Geldbeträge
zur Verfügung - sie kommen dem Kult zugute und nicht Ihrem
Angehörigen!
- Seien Sie sich bewusst, dass mit der Trennung von einem
destruktiven
Kult
die Probleme erst richtig losgehen (Selbstvorwürfe, Selbstzweifel,
Unsicherheit, Desorientierung, Frustration,
Minderwertigkeitsgefühle,
.....- machen Sie Sich bewusst: subjektiv ist der Betroffene vom
Angehörigen
einer Elite zum "Versager", "Sektenbruder", o.ä. abgestürzt;
mag er auch de facto durch seine Lösung vom Kult Mut und
Stärke
bewiesen haben, so wird dieses Ereignis für "Aussenstehende" doch
immer ein Zeichen seiner Labilität sein) Der Betroffene
benötigt
unbedingt Hilfestellung und Unterstützung!
- Informieren Sie Sich möglichst umfassend (Bücher,
Zeitungen,
Vorträge,....) aber schmeissen Sie diese Informationen dem
Betroffenen
trotzdem nicht dauernd an den Kopf - das verschlechtert nur die
momentane
Situation, kommt aber nicht an!
- Machen Sie Sich Notizen: Namen, Adressen, Telefonnummern,
die mit
der
Gruppe
in Verbindung stehen könnten; Ereignisse in zeitlicher Reihenfolge
festhalten und die Daten notieren. Dieses Material auch einer zentralen
Dokumentationsstelle zugänglich machen. - So kann es nicht nur
eines
Tages Ihnen und Ihrem Angehörigen bei der Bewältigung des
Geschehenen
helfen oder in einem Rechtsstreit als Beweismaterial dienen, sondern
eventuell
auch für andere Betroffene hilfreich sein.
- Suchen Sie Kontakt zu Menschen, die ebenfalls von der
Thematik
betroffen
sind oder waren.
- Halten Sie trotz allem Ihre eigenen Interessen wach, die
Mitgliedschaft
eines Familienmitgliedes sollte nicht ständig das Denken
beherrschen;
leben Sie statt dessen dem Betroffenen vor, dass auch ohne Kult das
Leben
interessant und wertvoll gestaltet werden kann.
- Versuchen Sie, "ursprüngliche" Interessen des
Betroffenen
wachzuhalten
(Bücher schenken, auf Vorträge aufmerksam machen, vor allem
aber
Diskussionen anzetteln) und POSITIV BESTÄTIGEN!
- Versuchen Sie, auch bei seinen "neuen Interessen" den
Horizont
weit zu
halten (z.B. allgemeine Literatur über Religionen oder auch
Psychologie,...
je nachdem; Werke von C.G. Jung oder auch Freud; Bücher über
Yoga, Chakrenlehre, eventuell Hinduismus oder Taoismus schenken;) und
darüber
auch Gespräche führen!
- Vermeiden Sie, dass das Gefühl entsteht, es handle
sich um
um eine
Art "Machtkampf" zwischen Ihnen und dem Betroffenen - so können
nur
beide "Seiten" verlieren und zwar einander; aber auch, dass der
Betroffene
den Eindruck hat, es handle sich um einen - Kampf zwischen Ihnen und
dem
Kult - mit ihm selbst als Streitobjekt; ersparen Sie ihm diese
"Zerreissprobe"!
- Machen Sie klar, dass Sie Ihrem Angehörigen nicht in
seine
Entscheidung
für oder gegen den Kult dreinreden, aber dringen Sie darauf, dass
er die materiellen Lebensgrundlagen nicht ausser Acht lässt; dh.
vor
einem Engagement bei XXX die Ausbildung beenden; den Beruf nicht
aufgeben,
bevor der Lebensunterhalt und die Pensions- und Krankheitsvorsorge
nicht
anders gesichert sind,...
- Zögern Sie nicht, "höhere Stellen"
(Staatsanwaltschaft,
Anwaltskammer,
Ärztekammer, Gesundheitsamt, Jugendamt,....) bzw. Politiker mit
dem
Problem immer wieder zu konfrontieren!
- Verzweifeln Sie nicht - die Mitgliedschaft bei und die
Lösung von
einem destruktiven Kult kann unter Umständen auch die
Persönlichkeitsentwicklung
fördern.
- Löchern Sie den Betroffenen nach dem Ausscheiden:
nicht mit
"peinlichen"
Fragen, Sie könnten:
a) den
Betroffenen damit überfordern;
b) Antworten bekommen, die Sie überfordern;
c) den Betroffenen neuerlich in eine Isolation
treiben; und vor allem Ihren Angehörigen verletzen!
- Versuchen Sie, HOCHWERTIGE Alternativen aufzuzeigen - etwa
Autogenes
Training
(Oberstufe!) für Anhänger von hinduistisch/meditativ
geprägten
Gruppen; die Angebote der Amtskirche für Anhänger von
pseudochristlichen
Vereinigungen; Psychologische Kurse, Psychotherapien, u.ä.
für
Scientologen und Anhänger anderer Psychokulte;....Aber auf jeden
Fall:
Selber denken macht gescheit! - das sollte der Betroffene
möglichst
bald wieder erlernen.
- Versuchen Sie, Ideen anzubieten, wie das Erlebte
verarbeitet
werden
könnte:
Erfahrungsberichte, Gespräche, Tipps und Hinweise für andere
u.ä.
- Werten Sie "positive" Erfahrungen nie ab - die braucht man
vor
allem am
Anfang der Lösungsphase, um vor sich selber mit dem klar zu
kommen,
was passiert ist!
- Nützen Sie alte Freundschaften und überhaupt
Kontakte
mit
Gleichaltrigen!
Laden Sie "alte Freunde" ein, ...- aber sorgen Sie dafür, dass
diese
"eingeweiht" sind.
- Achtung: Besondere Aggressivität und
"Unnahbarkeit"
kann ein Anzeichen von Unsicherheit gegenüber Kultinhalten oder
einzelnen
Personen im Kult sein; besonders aufmerksam und behutsam vorgehen!
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