"Wenn du nicht Scientologe wirst, wird sich dein Ehepartner scheiden lassen...."

   Eine schwarze Komödie frei nach Motiven des Lebens in einem Akt

    © by Ilse Hruby

Darsteller:

A ein überzeugter Scientologe und "Geistlicher" dieser "Kirche"
B ein überzeugter Nichtscientologe


Szene: ein "Wickelstudio", untergebracht in einem künstlerischen Maleratelier,  im obersten Stockwerk eines Mietshauses in Wien.

A erwartet B schon und begrüsst B freudig, A arbeitet auch als "Geistlicher" in einer Organisation die sich selbst "Kirche" nennt.
B freut sich ebenfalls über das Treffen, B ist mit einem Anhänger dieser Organisation verheiratet.
A und B haben schon Tage zuvor vereinbart, dass A B einen neuen "Ganzkörperwickel" aus den USA testen lässt und dabei soll geplaudert werden, denn B hat erhebliche Probleme mit dem Ehepartner vorwiegend wegen seiner Zugehörigkeit zu genannter Organisation. A hat sich als "Geistlicher" der "Kirche", der der Ehepartner von B angehört, bereit erklärt zuzuhören und Ratschläge zu geben.
A und B mögen sich sehr, obwohl beide unterschiedliche Ansichten über die "Religion" haben, der A und der Ehepartner von B angehören.
 

B: Guten Tag A, wie geht es?
A: Servus fein dass du da bist, mit geht es gut. Komm weiter, es ist schon alles vorbereitet.

A führt B in ein kleines Badezimmer welches als Umkleideraum und gleichzeitig als "Wickelraum" für die Ganzkörperwickel dient und weist B an, sich zu entkleiden und ein Badetrikot anzuziehen.
In dem kleinen Badezimmer steht ein grosser (Koch)Topf mit "Goldwasser" gefüllt mit einer ganzen Menge elastischer Beinbandagen, die darin eingeweicht sind. Diese nassen Beinbandagen verwendet A nun um B von den Beinen beginnend den ganzen Körper straff einzubandagieren. Dabei wird viel geplaudert.

A: Diese Bandagen mit der Lösung sollen nun deinen Körper entschlacken und die Zellen deines Körpers werden mit der straffen Bandage ausgepresst und die Lösung, die durch die Haut in die Zellen geht, soll verhindern, dass sich deine Zellen erneut mit Wasser füllen. Ich werde deinen ganzen Körper sehr straff einwickeln und du musst eine Stunde lang damit im Studio herumhüpfen und viel Bewegung machen wie tanzen zum Beispiel. Ich werde dir Musik aufdrehen, damit du Sound dazu hast.
B: Wieviel Gewicht werde ich denn dabei abnehmen?
A: Überhaupt keines, diese Ganzkörperwickel haben nur den Effekt, dass du an Zentimetern am ganzen Körper verlierst, Gewicht wirst du dabei wahrscheinlich nicht verlieren.
B: Ich werde mich überraschen lassen.
A: Schreib mir nachher einen Erfolgsbericht für meine Aushängetafel im Vorraum. (B hat diesen Erfolgsbericht später tatsächlich geschrieben, hauptsächlich aber deswegen um A eine Freude zu machen)

--währenddessen--
bandagiert A nun B's Körper komplett mit den nassen elastischen Bandagen, B ist dabei sehr kalt und zum Schluss bekommt B von A einen gelben Plastik-Regenponcho über den Oberkörper und darüber noch einen dicken Frotteebademantel, in dessen Ärmel aber B nun völlig handlungsunfähig nicht hineinschlüpfen kann. Über die Hände und Füsse bekommt B kleine Plastiksäcke (in der Grösse von Jausensackerl) gestülpt, die mit einem Gummiringerl festgehalten werden, dort soll sich das Schlackenwasser vom Körper sammeln.

A: Was ist denn nun los? Warum streitet ihr beide denn ständig. (sie meint damit B und B's Ehepartner)
B: Es geht immer wieder um das gleiche. Mein Ehepartner ist in der Woche fast 3 manchmal 4 Abende in der Organisation und kommt dabei fast immer so gegen 24:00h nach Hause, da ist nicht viel Zeit für Gemeinsamkeiten und Eheaktivitäten. Es stört mich, dass ich frisch verheiratet sehr oft alleine zu Hause bin und auch die viele anfallende Arbeit für die Firma alleine erledigen muss. Auch im täglichen Leben und mit der Hausarbeit stehe ich meist völlig alleine da.
A: Damit kannst du deinen Partner aber sehr unterstützen, du musst eben tolerant sein,  er ist auf seinem Weg auf der "Brücke" und dafür braucht er Zeit.
B: So kann es nicht weitergehen, für die übrige Familie hat er auch keine Zeit, es muss doch einmal in der Woche reichen, wenn er schon unbedingt dahin gehen muss. Es bleibt viel Arbeit liegen, auch Arbeit, die aus dem Betrieb ist. Unsere gemeinsamen Freunde, mit denen wir kaum mehr was unternehmen, weil keine Zeit dafür ist,  fragen auch immer wieder nach was bei uns nicht stimmt, weil ich immer alleine zu Hause bin. Verabredete Termine mit der Familie und mit den Freunden werden ganz einfach fallengelassen oder kurzfristig abgesagt, das macht mich oft sehr traurig.
A: Du musst das verstehen, dein Partner ist bei einer Religion und er studiert diese Religion. Du kannst es doch auch machen, dann bist du nicht alleine zu Hause. Was ist, du könntest viel dazu beitragen, dass auf diesem Planeten keine Kriege und keine Drogen mehr sind. Möchtest du dabei nicht helfen?
B: Ich habe erstens nicht das nötige Geld dafür, zweitens ist mir dieser enorme private Zeitaufwand zuviel und drittens ist mir meine Familie und die Familienzeit sehr wichtig. Ausserdem bin ich sehr misstrauisch dieser Religion gegenüber eingestellt, mir gefallen die Veränderungen an meinem Ehepartner ganz und gar nicht.
A: Du könntest dich selbst damit verbessern und du könntest deine Ziele im Leben besser erreichen. Du könntest ja auch die Brücke hinaufgehen und sensationelle Gewinne und Erkenntnisse auf dem Weg zum Glücklichsein erleben.
B: So sehe ich das nicht, mein Ehepartner ist von seinen Zielen meilenweit weg und wie es mir scheint, mit dieser  Religion kommt er da nicht viel weiter, im Gegenteil ich habe den Eindruck es wird immer schlechter. Auch die Schulden werden immer mehr, es fliesst viel Geld in das Studium seiner Religion, geborgtes Geld aus Krediten. Dabei ist doch einer der höchsten Grundsätze in seiner Religion: "Bezahle deine Rechnungen niemals mit geborgtem Geld"!  - Ich versteh' das nicht, dass er sich nicht wenigstens an diesen Grundsatz hält?
A: Das ist Geld welches dein Ehepartner in seine Zukunft investiert. Das muss er im Moment so machen, aber er wird es eines Tages doppelt und dreifach zurückbekommen, wenn er durch die Technologie die er jetzt lernt und dann an seiner Arbeit anwendet, den grossen Durchbruch macht.
B: Da siehst was falsch, das Geld aus den Krediten muss jetzt schon mit Zinsen und Zinseszinsen zurückbezahlt werden und das ist nicht immer leicht bei unserer finanziellen Situation. Ich habe dir schon gesagt, mit dem geschäftlichen Erfolg wird es auch nicht besser, sondern eher schlechter. Von Monat zu Monat haben wir weniger Geld, weil die finanziellen Altlasten, neben den aktuellen und nicht gerade kleinen Kosten, abbezahlt werden müssen.
A: Du dramatisierst!
B: Siehst du, du sagst es genauso wie mein Ehepartner, es sind dieselben Worte. Ich dramatisiere nicht, ich sehe die Tatsachen und mache mir grosse Sorgen darüber und die Minussummen auf den Konten sind Tatsachen und keine Dramatisation, die sind eher ein grosses Drama.
A. Ich werde dir jetzt was sagen, dein Partner ist auf der Brücke, sein Ziel ist es clear zu werden und wenn du dich gegen sein Ziel stellst und ihn wegen seines Glaubens kritisierst, dann wird er sich von dir trennen.
B. Das glaube ich nicht, er liebt mich doch, er kann doch nicht seine Religion vor die Liebe zu seinem Ehepartner stellen.
A. Werde doch einsichtig, geh mit ihm gemeinsam auf die Brücke. "Wenn du nicht Scientologe wirst, wird sich dein Ehepartner scheiden lassen...." Ich glaube nicht, dass dein Partner mit dir verheiratet bleibt, wenn du dich gegen seine Religion stellst und nicht selbst dazugehst. Überleg es dir gut was du tust.
B: Ich werde dieser Religion nicht beitreten, das kann ich dir sagen, ich bin sehr gut in meiner Religion aufgehoben und glaube an die Inhalte meiner Religion. Meine Religion kostet mich keine horrenden Unsummen und hat mich noch nie bedrängt sehr teure lebensverbessernde Kurse zu machen.
A: Du musst wissen , dass du mit dieser Einstellung deine Ehe auf's Spiel setzt, daran bist du dann selbst schuld.

A hatte recht, zwei Jahre später ging B's Ehe in die Brüche und wurde hauptsächlich (aus der Sicht von B's Ehepartner) wegen diesem Grund geschieden.
 
 

                           * THE END *

(Sollten sich bei der Schilderung gewisser Praktiken Ähnlichkeiten mit den Praktiken von Scientologen ergeben haben, so sind diese Ähnlichkeiten weder beabsichtigt noch zufällig, sondern unvermeidlich.)


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